Die Leichtigkeit des Wassers
BlogPost · Glaubensleben
Mir begegnete in diesen Tagen erneut eine kleine Geschichte, die du vermutlich schon einmal gehört hast und die ich uns nachfolgend gern wieder ins Gedächtnis rufen möchte.
Ein Lehrender steht vor seinen Schülern und neben ihm auf dem Tisch befindet sich ein Glas Wasser, welches bis zum Rand gefüllt ist. Er fragt in die Runde und fordert die Schüler auf, einmal zu schätzen, wie schwer das Glas Wasser ist. Nach und nach beginnen die Schüler damit, ihre Einschätzungen abzugeben. Derweil nimmt der Lehrende das Glas Wasser in die Hand und streckt es ein wenig von sich. Seinen Blick auf das Glas gerichtet beginnt er, den Schülern zu erläutern, dass dies keine Frage nach dem realen Gewicht von Glas und Wasser gewesen ist, sondern der Aspekt, welchen er hervorheben wollte, ist dieser, dass das gefüllte Glas immer schwerer wird, je länger man dieses heben muss. Nach einer Minute magst du das Glas noch kaum spüren, dies verhält sich jedoch anders, wenn fünf Minuten vergehen oder gar zehn.
Du magst dir bereits denken, worauf ich mit diesem kleinen Einschub abziele: Je mehr Fokus wir auf etwas legen, desto mehr Raum wird es einnehmen. Vielleicht kennst du dies auch aus dem Sport – das Gewicht wird umso mehr zu spüren sein, je länger die Übung geht oder je mehr wir vorher schon geleistet haben. Zurück aber zu unserem Wasserglas, welches bildlich die Hauptaussage unterstreichen soll: Je länger uns Dinge, Probleme oder Gegebenheiten im Leben begleiten, desto öfter finde ich mich selbst darin wieder, den ganzen Fokus nur auf diese Themenbereiche zu legen.
Sie nehmen plötzlich unheimlich viel Raum ein, wobei die tatsächliche Wichtigkeit davon, also das reale Gewicht, doch eigentlich nicht sehr groß ist. Ich verliere mich in diesem Sachverhalt, drehe im Kopf meine Runden und bin einfach verärgert, enttäuscht oder unzufrieden, da mir alles zu „schwer“ und zu viel geworden ist. An diesem Punkt ist sinnbildlich das Gewicht des Wasserglases nicht mehr mein Problem, sondern das eigentliche Problem ist, dass ich mich so sehr darauf fokussiert habe und all meine Zeit dort hineinlege.
Bleiben wir weiterhin im besagten Bild: Was sollte also mein Ansatz und Ausweg sein? Erst einmal, wie bei so vielen Dingen, wird es sicherlich nie helfen, sich weiterhin Stress zu machen und krampfhaft zu probieren, mit einem Mal nur Raum für Fortschritt, Reflexion und klügere Gedanken zuzulassen. Schön und beruhigend ist doch, dass Gott uns einfach als das sieht, was wir sind – Menschen. In kleinen Schritten ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass ich mir gern bei solchen Situationen das Wasserglas selbst mit zusätzlichen Steinen vollpacke, das wäre doch mal was. Somit können wir darauf reagieren und als Antwort zusätzlichen Ballast außenvorlassen. Lassen wir uns helfen, lernen wir, den Fokus auf das Wesentliche zu richten, und entwickeln wir eine Ausdauer, die das reale Gewicht tragen lässt. Und wenn das Glas mal wieder zu schwer wird, dürfen wir wissen, dass unsere Bitte zum Tragen an Ihn gerichtet werden darf. Es ist ein täglicher, allgegenwärtiger Prozess, der uns in großen und kleinen Dingen immer wieder begegnen wird. Wie herrlich, wenn Wasser plötzlich leicht wird.
Kleinfeld