Ermutigung, wenn du toxische Dinge in der christlichen Kultur erlebt hast
BlogPost · Soziales Leben
Heute liegt es mir sehr auf dem Herzen, das Folgende mit dir zu teilen. In meinem eigenen Leben und auch in Gesprächen mit anderen Menschen ist mir leider immer wieder begegnet, dass Christen davon berichten, innerhalb der christlichen Kultur toxische Dinge erlebt zu haben. Sprich: Die gelebte Kultur der Christenheit sorgt teilweise für seelische Verletzungen und ein falsches Gottesbild. Im schlimmsten Fall wenden sich Menschen daraufhin von der christlichen Gemeinde oder auch ganz von ihrem Glauben an Jesus ab. Ja, diese Dinge mögen größtenteils einfach unbeabsichtigt geschehen. Und doch sind es immer wiederkehrende Muster, die verschiedene Christen in verschiedenen Gemeinden und mit verschiedenen Menschen erlebt haben, die immer wieder ähnliche Bilder zeichnen.
Heute möchte ich drei Punkte klar benennen und dir damit sagen: Mit dem, was du erlebt hast, bist du nicht allein. Und: So, wie eventuell mit dir umgegangen wurde, ist nicht das, was Jesus für dich wirklich möchte! Das Verhalten dieser Menschen ist nicht automatisch mit dem von Jesus gleichzusetzen. In einer Gemeinde, in der Christenheit, leben immer noch Menschen. Und Menschen machen immer noch Fehler, auch wenn sie Christen sind. Oder sie tragen einfach ein schwieriges Gottesbild in sich. Alles möglich.
Also: Lass dir deinen persönlichen Glauben, der dir so viel bringt, nicht von der Lüge rauben, Jesus sei so wie Menschen!
Hier nun die drei Punkte für diesen Blogbeitrag:
1. Leistungsdruck
Kennst du das Gefühl, du müsstest in deiner Gemeinde viel mitarbeiten und dich gut engagieren, um ein „guter“ Christ zu sein? Vielleicht wurde dir ein solches Bild bewusst oder unbewusst von deiner Gemeindeleitung oder Leitern vermittelt. Die Wahrheit ist aber, dass Jesus dich immer gleichermaßen liebt – ob du in deiner Gemeinde nun viel mitarbeitest oder nicht! Davon erzählen Bibelstellen in Johannes 3:16, Kolosser 1:22 oder Römer 8. Lies hier gern einmal nach. Ja, natürlich ist es super, wenn du deine Gaben, Zeit und Talente für Gott einbringst, auch in deiner Gemeinde. Aber: Nicht immer ist eine Mitarbeit für jeden dran. Es ist gut möglich, dass Gott gerade eine andere Priorität ins Leben eines Menschen gelegt hat und hierin seine Berufung liegt. Oder es gibt Baustellen im Glauben oder auch in der (mentalen) Gesundheit, die erst mal einer Fürsorge bedürfen, bevor sich eine Person voll und ganz in die Mitarbeit in einer Gemeinde investieren kann! Wie gesagt: Gottes Liebe ist niemals abhängig von irgendeiner Leistung von dir! Sondern Gottes Liebe für dich als sein Kind beruht einzig und allein auf deiner Entscheidung für Jesus Christus als deinen Herrn und Retter.
2. Beziehungsdruck
Noch solch eine Sache, die einige Christen in Gemeinde erlebt haben: Der Druck, ab einem bestimmten Alter eine Liebesbeziehung einzugehen. „Du bist single? Nee, also das kann nicht in Gottes Sinne sein.“ Einer solchen Haltung kann man die Bibelstelle aus 1. Korinther 7:7 entgegenhalten, in der deutlich formuliert wird, dass nicht jeder Christ zwangsläufig eine Beziehung führen muss.
Wenn sich eine Person jedoch nach einer Partnerschaft sehnt, dann ist es nicht in Gottes Sinne, diesem Menschen Druck zu machen, nun endlich mal jemanden zu finden, denn so gehöre es sich als „guter Christ“. Es bereitet dieser Person sowieso genug Schmerzen und Zweifel, trotz tiefer Sehnsucht (noch) nicht den Menschen fürs Leben gefunden zu haben. Vielmehr sollten wir Christen diese Person ermutigen, dass sie absolut wertvoll in Gottes Augen ist und ihr Mut machen, die Hoffnung auf einen Partner für sie nicht aufzugeben und stattdessen Gott vertrauensvoll in die Hände zu geben.
3. Antwortdruck
Wenn man dann bspw. eine Beziehung eingegangen ist, meinen manche Christen, die dir eventuell auch gar nicht nahestehen, sie hätten das Recht, dir ungefragt vorzuschreiben, wie du deine Partnerschaft zu führen hast. Oftmals passiert hierbei grenzüberschreitendes Verhalten, wie das Stellen der Frage: „Und, habt ihr Sex vor der Ehe?“ Ganz ehrlich: Niemand hat das Recht, dir als volljährige Person diese grenzüberschreitende Frage zu stellen. Wirklich niemand. Diese Sache betrifft dein Intimleben und daher nur deinen Partner und dich. Hier darfst du eine klare Grenze ziehen und du musst dich nicht unter einen falschen Druck setzen lassen! Wenn du auf diese Frage keine Antwort geben möchtest, dann darfst du das auch so klar sagen und darum bitten, nicht mehr solche grenzüberschreitenden Fragen gestellt zu bekommen, nur weil man sich als Christ dazu berufen fühle, da das Thema „richtiger Umgang mit Sexualität“ so wichtig sei (oder wie auch immer die Antworten darauf aussehen mögen). In manchen Gemeinden, das weiß ich aus einem Gespräch mit einer Freundin, kann diese fehlende Antwort den Rauswurf aus Diensten bedeuten, die in diesem Beispiel sie in der Gemeinde übernommen hat, weil eine „gute Christin“ ihrer Leitung Antwort geben müsste. Und nochmals kann ich ihr und uns allen nur sagen: Lass dir deinen persönlichen Glauben nicht durch Erfahrungen rauben, die du in einer Gemeinde durch Menschen gemacht hat, auch wenn diese es im Kern eigentlich nur gut meinen mögen oder vielleicht auch sogar inhaltlich richtig liegen. Hierbei geht es primär um den zwischenmenschlichen Umgang, nicht um den inhaltlichen Kern.
Vielmehr liegt es an deinem Partner und dir, anhand der Bibel eine weise Entscheidung für euer privates Sexualleben zu treffen. Wenn ihr das selbst möchtet, könnt ihr hierzu natürlich Rat in der Gemeinde oder bei anderen Christen suchen. Jedoch hat niemand das Recht darauf, Antworten auf solch intime Fragen von euch tatsächlich einzufordern, da ihr sonst ja keine „guten Christen“ seid! Das betrifft auch andere private Bereiche. Grenzüberschreitung ist für Jesus nicht in Ordnung.
Eine wichtige Sache zum Schluss:
Zu manchen Themen, auch zu den „heißen Eisen“ der Bibel, gibt es von verschiedenen Theologen und verschiedenen christlichen Konfessionen verschiedene Meinungen, die sich biblisch begründen lassen. Manche davon sind überraschend plausibel, wenn man sich erst mal mit ihnen beschäftigt hat. Ich habe das Gefühl und auch selbst die Erfahrung gemacht, dass ich in manchen Bereichen an bestimmte Glaubensdogmen glaub(t)e, die Jesus gar nicht übermittelt hat oder die so eindeutig nicht in der Bibel stehen, sondern mir eine bestimmte christliche Richtung, Gemeinde oder andere Christen gepredigt haben. Es lohnt sich, einmal selbst in der Bibel nachzulesen, ob das, was ich gehört habe oder mir vermittelt wurde, auch wirklich biblisch ist oder ob die Bibel manche Fragen nicht einfach offenlässt bzw. einen gewissen Interpretationsspielraum zulässt. Hierzu gibt es viel unterstützendes Material, wenn man mal im Internet recherchiert und sich mit den Pro- und Kontraargumenten bei einer bestimmten Meinung zu einem biblischen Thema auseinandersetzt. Als Christen sind wir in der Verantwortung, nicht einfach alles zu glauben, was uns von anderen Christen serviert wird, sondern selbst „mündig“, also reif und reflektiert, um unseren christlichen Glauben zu gestalten und zu vertreten. Das ist eine Reise, die ein Leben lang andauert und nicht mit dem einmaligen Vorpredigen der von einer Gemeinde festgelegten Meinungen abgeschlossen ist. Glauben entwickelt sich, wächst und reift. Jesus Christus als Gott, Herr und Retter ist das unumstößliche Fundament des Christentums. Der Glaube allein errettet, genauer gesagt die Entscheidung für Jesus als persönlichen Gott (vgl. Johannes 3:16). Die Bibel vermittelt uns darüber hinaus nicht etwa, dass die Himmelstür einem an Jesus Christus gläubigen Menschen verschlossen bleibt, weil dieser in seinem Leben nicht in allem die einzig richtige Meinung Gottes vertrat. Und sind wir ehrlich: Dann würde der Himmel wohl kaum von Menschen bewohnt werden, sondern sogar gänzlich leer sein. Denn kein Christ kann ernsthaft von sich behaupten, in allem die absolute göttliche „Weisheit mit Löffeln gegessen“ zu haben und sich in keinem theologischen Punkt zu irren. Denn Gott werden wir Menschen nie gänzlich begreifen können. Vor allem nicht seine Gnade uns fehlerhaften Menschen, zugleich seinen Kindern gegenüber.
Binggeli