Heilt Gott immer?
BlogPost · Hoffnung
Obwohl es hier schon verschiedenste Beiträge zum Thema Heilung gibt, ist es mir ein großes Anliegen, darüber zu schreiben. Mir sind in den letzten Jahren unglaublich viele Aussagen, Ansichten und Positionen zu diesem Thema untergekommen und ich habe verschiedene davon geteilt.
Meine Reise mit diesem Thema begann, als meine Mutter eine Operation am Zahn hatte. Diese verlief nicht so gut und sie hatte ein Jahr lang starke Schmerzen. In dieser Zeit ist das Thema „Göttliche Heilung“ aufgrund ihrer Suche in unserer Familie sehr präsent geworden. Ich muss dazu sagen: Ich komme aus dem landeskirchlichen Kontext, dort war Heilung nicht wirklich ein zentraler Gesprächspunkt.
Schnell wurde uns klar: Gott heilt auch heute noch. Ich sah Heilungen, hörte Zeugnisse davon und erlebte sie sogar. Ein Moment ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben: Ich war mit meinem (damals noch) Freund und seinen Eltern auf dem Drachenfels, das ist ein Berg in Königswinter, den man wunderbar begehen kann. Mein Schuhwerk war nicht ideal für das alte Kopfsteinpflaster, mit dem der Weg ausgelegt war, und es kam, wie es kommen musste: Ich knickte um. Aber hallo! Ich glaube, in meinem ganzen Leben habe ich noch nicht solch ein komisches Gefühl in meinem Körper gespürt. Es fühlte sich an, als würden meine Sehnen und Knochen knirschen. Sofort ging ein heftiger Schmerz durch meinen Fuß und ich konnte nicht mehr auftreten. Mehr aus Reflex als aus Überlegung heraus kniete sich mein Mann hin und betete für Heilung. Eine Sekunde lang passierte gar nichts. Und dann war es, als würde eine Welle durch meinen ganzen Körper schwappen, einmal von oben bis unten. Und der Schmerz war herausgespült.
In dem Moment war ich so perplex, dass ich angefangen habe zu heulen. Ich war absolut überfordert von diesem Wechsel zwischen plötzlichem Schmerz und ebenso plötzlicher Schmerzfreiheit, dass ich erst mal überhaupt nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte. Ich erinnere mich gern an diesen Moment, das war einfach wirklich stark.
Doch ich habe auch erlebt, dass Gott nicht heilt. Und der Umgang damit ist mir früher gar nicht leichtgefallen. Ich bin in die ungesunde Glaubenshaltung geraten, dass ich schon geheilt wäre und dies nur noch glauben müsste. An dieser Stelle möchte ich dich warnen: Beim Thema Heilung kann man ganz schnell in ein Extrem geraten. Gern wird 1. Petrus 2 zitiert, wo es heißt:
„(…) durch seine Wunden seid ihr heil geworden.“
Dieser Vers suggeriert im ersten Moment scheinbar, dass Jesu Opfertod am Kreuz uns Heilung schenkt. Manche gehen so weit und sagen, als Christ hätte man einen Anspruch auf diese Heilung. Sie stehe uns zur Verfügung, wir müssten nur danach greifen. Diese Überzeugung ist falsch und kann deinem Glauben sogar eine Gefahr werden!
Lass mich dir das erklären. Petrus bezieht sich mit diesem Vers auf Jesaja 53, wo der Leidensweg Jesu und sein stellvertretender Tod prophetisch beschrieben werden. In dieser Stelle geht es nicht um eine Heilung von Gebrechen, sondern um die größte und wichtigste Heilung überhaupt: die Heilung unserer Schuld! Petrus möchte also nicht ausdrücken, dass wir von körperlichen Gebrechen geheilt werden, sondern dass Jesu Tod am Kreuz unsere Beziehung zu Gott heilt!
Wenn ich nun aber annehme, dass Heilung von der Größe meines Glaubens abhängt, sage ich damit eigentlich, dass ich selbst für meine Genesung verantwortlich bin. Ich bin nach einem Gebet nicht gesund geworden? Dann habe ich nicht genug geglaubt! Du merkst vermutlich, worauf ich hinauswill.
Mir ging es manchmal so, dass ich regelrecht Panik bekommen habe, wenn ich gespürt habe, dass ich krank wurde. Ich habe gedacht: „Ich darf gar nicht krank sein, denn ich bin doch schon geheilt! Ich muss stärker glauben, dann passiert es auch.“ Und wenn ich tatsächlich krank wurde, habe ich meinen Glauben angezweifelt und hinterfragt.
Weißt du, eigentlich kann man sagen, dass es zwei Extreme gibt:
1. „Gott heilt immer. Ich bin schon geheilt und muss es nur noch glauben.“ 2. „Gott heilt nicht mehr.“
Beides ist über das Ziel hinausgeschossen. Ich kann nicht sagen, dass Gott immer heilt, denn das tut er nicht. Es passiert sehr häufig, dass ich für Heilung bete und die Situation unverändert bleibt. Auch Paulus war krank, ebenso Timotheus. Wenn Gott immer sofort heilen würde, gäbe es diese Überlieferung überhaupt nicht!
Genauso kann ich aber auch nicht sagen, dass Gott früher mal geheilt hat und es heute nicht mehr tut. Gott kann und möchte noch heilen! Er fordert uns auf, dafür zu beten. Wer bin ich, dass ich Gott also in dieser Hinsicht limitieren möchte?
Wichtig ist, dass wir verstehen, dass Gott souverän ist. Er untersteht keinem „Heilungszwang“ und er hat sich nirgendwo in seinem Wort verpflichtet, Gebrechen sofort gesund zu machen. Doch er kann es tun und wir können genau das immer wieder erleben.
Doch was heißt das jetzt ganz konkret für dich und mich? Sollen wir also nicht für Heilung beten? Nein, das ist nicht der richtige Weg. In Jakobus 5:14 heißt es:
„Ist jemand von euch krank? Er soll die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen lassen; und sie sollen für ihn beten und ihn dabei mit Öl salben im Namen des Herrn.“
Das ist eine klare Aufforderung, vertrauensvoll für Heilung zu beten! Und wenn wir das getan haben, liegt es nicht mehr in unserer Hand. Selbst dann, wenn man nicht geheilt wird: Wir dürfen wissen, dass Gott spätestens rechtzeitig heilt, nämlich sobald wir in die Ewigkeit bei ihm eintreten. Er wird unsere Körper vollkommen erneuern. Und das ist eine Hoffnung, an der wir festhalten dürfen.
Diaconu